Vom eingemauerten Kopf des Ratsherren Haas
Měčová-Straße
Wenn man vom Kaiser Sigismund spricht, stellen sich alle einen fiesen Rotfuchs vor, einen wütenden, aufgebrachten alten Mann, der nur daran dachte, wie er jemandem Schaden zufügen kann. Aber so war es nicht. Sigismund lachte gern, bis er ihm die Tränen kamen, und darüber muss ich, sein Hofnarr Boro, etwas wissen. Aber ich möchte von etwas anderem erzählen.
1422 geriet ich auf dem Weg nach Deutschland in hussitische Gefangenschaft. Dieses Pack (mit Verlaub) wusste ganz genau, wer ich war, und wollte mich gegen eine schöne Summe Geld eintauschen. In Ketten schleppte ich mich mit ihnen durchs Land, bis wir die von den Hussiten belagerte Stadt Brünn erreichten.
Aber die Brünner dachten gar nicht ans Aufgeben. Sie verließen sich auf ihre starken Stadtmauern und unterirdischen Gänge, durch die Lebensmittel und andere wichtige Dinge in die Stadt flossen. Sie waren sich der Wälle so sicher, dass sie von dort aus ihren Feinden ihre nackten Hintern zeigten.
Die Hussiten beschlossen daher, die Stadt durch eine List zu erobern. Ich vernahm, wie sie mithilfe von Boten eine geheime Vereinbarung mit einem gewissen Ratsherrn Haas trafen, der versprach, ihnen gegen Geld die Stadttore zu öffnen. Mein Plan, der Stadt zu helfen und sich gleichzeitig innerhalb ihrer Mauern zu retten, war die Gefahr wert. Den ganzen Abend unterhielt ich die Wärter mit meinen Witzen. Dafür nahmen sie mir über Nacht die Fesseln ab. Als sie total betrunken vollständig eingeschlafen waren, schlich ich mich leise aus dem Zelt und rannte dann, so schnell ich konnte.
Mit Hilfe guter Leute gelangte ich gleich am nächsten Tag zum Rathaus, wo ich dem Stadtrat alles erzählte, was ich erfahren hatte. Und dann ging es Schlag auf Schlag. Haas gestand unter Folter und die Brünner enthaupteten ihn verdientermaßen wegen seines Verrats. Seinen Kopf stellten sie dann auf den Stadtmauern zur Schau, damit die Feinde sehen konnten, dass Haas' Verrat aufgedeckt worden war. Dann legten sie ihn zur Warnung in die Wand des Rathauses, wo er bald zur Überraschung aller versteinerte.
Und ein steinerner Kopf, so hart wie Haas' verräterisches Herz, blickt noch heute von der Wand des Rathauses.