Vom Männchen mit dem nackten Hintern
Sie haben sicherlich schon davon gehört, wie Anton Pilgram mit den Brünner Ratsherren abgerechnet hat. Die Brünnerinnen und Brünner halten sich bis heute wegen dieses krummen Spitztürmchens den Bauch vor Lachen. Ich dachte mir, naja, Meister Anton ist einfach zu gutmütig. Er hätte auf den Tisch hauen sollen und fertig.
Mein Hans hätte das anders gemacht. Da hätten die werten Ratsherren lieber gezahlt, als vom Steinmetzmeister eins auf die Nase zu bekommen. Mein Hans ist nämlich auch Steinmetz. Seit der Sache mit dem krummen Spitztürmchen sind nur ein paar Jahre vergangen und es war wieder soweit. Diesmal wollten zur Abwechslung die Herren von der Pfarrei nicht zahlen.
Dass Hans lieber Bier trinkt als zu arbeiten, dass er verdammt teuer ist und solches Gerede. Aber es gibt einen feinen Unterschied zwischen den Herren vom Rathaus und den Herren von der Pfarrei. Da muss man vorsichtig sein. Und so machten wir es schließlich wie Meister Anton.
Hans sagte dem Klerus, dass er nur ein Fenster fertigstellen werde und kein Geld mehr wolle. Es war klar, dass sie nicht dagegen waren. Als er mit der Arbeit fertig war, verließen wir Brünn eiligst. Und da waren die ehrwürdigen Pastoren und Kapläne überrascht, als sie sahen, was wir in der Kirche hinterlassen hatten. In das Steinfenster hat Hans nämlich ein grinsendes Männchen gemeißelt, das der ganzen Stadt seinen nackten Hintern entgegenstreckt. Haha. Geschieht ihnen ganz recht.
Und jetzt nur unter uns. Das Männchen ist in Wirklichkeit Hans. Aber ich bin dort auch eingemeißelt, allerdings kann man mich durch Hans nicht sehen. Nicht, dass das jemanden etwas angeht, aber man kann erkennen, dass wir uns wirklich sehr gern haben.